Carl Ritter von Ghega Institut für integrierte Mobilitätsforschung
Das Carl Ritter von Ghega Institut für integrierte Mobilitätsforschung ist Teil des Departments „Bahntechnologie und Mobilität“ an der FH St. Pölten. Im Institut werden nationale und internationale Forschungsprojekte zum Themenkomplex Bahntechnologie abgewickelt. Neben diesem Bereich liegen weitere Schwerpunkte auf Forschung zum Thema Lebenszyklen technischer Systeme und Mobility 4.0. Darüber hinaus besteht ein großes Netzwerk an Partnern aus Wissenschaft und Praxis.
Als Schlüsselkompetenz im Projekt DACIO wird wissenschaftliche Expertise aus dem Bahnbetrieb, Betriebssimulation und Verschub eingebracht.
1. Ziel des Arbeitspakets
Ziel des Arbeitspakets (AP) ist eine Wirkanalyse, welche sich mit den Änderungen durch die Einführung der Digitalen Automatischen Kupplung (DAK) beschäftigt. Dazu wird neben einer allgemeinen Betrachtung des Fahrverschubs auch ein Fokus auf die Prozesse des Abstoßens, Ausreihens, Umreihens, Feinreihens, Beistellens und Abholens von Wagen und Wagengruppen auf bzw. von Anschlussbahnen gelegt.
Dazu werden die eben beschriebenen Anwendungsfälle im Zuge einer Bestandsanalyse evaluiert. Aufbauend darauf werden die Szenarien mit der DAK Ausrüstung erneut überprüft. Das Arbeitspaket soll die Möglichkeiten und einschränkenden Rahmenbedingungen für den Einsatz eines automatisierten Verschubs aufzeigen. Daneben liegt auch ein besonderer Fokus auf den Auswirkungen der DAK auf das Personal.
2. Vorgangsweise
Zusätzlich werden im Zuge dieses Arbeitspakets die betrieblichen Prozesse mit der DAK in der Flächenbedienung betrachtet. Im Gegensatz zu den technischen Anforderungen im Knoten sind die betrieblichen Abläufe in der Fläche mit deutlich mehr Personalaufwand verbunden. Daher müssen Verschubknoten und Verschub in der Fläche getrennt betrachtet werden.
Es erfolgt eine ganzheitliche, aber doch detaillierte Betrachtung aller Prozesse, die mit Kuppelvorgängen in Verbindung stehen (Abstoßen, Ausreihen, Umreihen, Einreihen, Beistellen, Abholen, Sichern). Diese Betrachtung wird mit dem Blick auf stufenweise Umsetzung der Automatisierung der betrieblichen Abwicklung vorgenommen.
Die DAK dient ebenso als Enabler für verschiedene Technologien, die eine Automatisierung vorantreiben können. Insbesondere betrifft dies die vor- und nachgelagerten Prozesse der Kupplungstätigkeit. Die Inhalte, die im Zuge dieses Arbeitspakets erarbeitet wurden, dienen daher als Basis für die Pläne und Entwicklungsarbeiten der FH OÖ im AP5 («Automatisierungselemente Infrastruktur») und von m.ZERO und PJM im AP6 («Automatisierungselemente Fahrzeugseitig»).
Untersucht werden dabei Kupplungsvorgänge auf betrieblicher und produktioneller Ebene, sowohl in der Migration als auch im Zielbetrieb. Auf Basis dieser Erkenntnisse sollen relevante Engpässe beim Einsatz der DAK identifiziert werden.
Zusätzlich werden Verschubstandorte betrachtet, wobei es Überschneidungsbereiche mit anderen Arbeitspaketen gibt, beispielsweise der Knotenbetrachtung des MBI in AP2 («Prozessschritte Kuppeln Entkuppeln»). Daher erfolgt hier ein vertiefender Austausch. Eine weitere Betrachtung ist die Schnittstelle Mensch-Maschine und die Auswirkungen der DAK auf die Mitarbeiter:innenqualifikation sowie eine Abschätzung des zu erwartenden Risikos.
3. Auswirkungen der DAK im Einzelwagenladungsverkehr
Bereits die Einführung einer DAK Level 4 bringt erhebliche Änderungen in den Betriebsabläufen mit sich. Die Hauptfunktion der automatischen Kupplung bietet Vorteile, da die Mitarbeiter:innen die Wagen nicht mehr physisch auf dem Gleis kuppeln müssen. Das Kuppeln wird zu einer vereinfachten Handlung, wobei die Entkupplungsmethoden je nach DAK-Stufe variieren. Die DAK hat auch über das Kuppeln hinaus Potenzial und ermöglicht Funktionen wie die automatische Bremsprobe und die Sensorüberwachung von Güterwaggons.
4. Auswirkungen auf Mitarbeiter:innen
Die veränderten Anforderungen und der Wettbewerb in den Lieferketten haben zum Einsatz verschiedener Technologien im Güterverkehr geführt. Während für Aufgaben wie das Erfassen von Wagendaten und Routenplanung im Schienengüterverkehr inzwischen digitale Systeme eingesetzt werden, sind die Güterwagen in ihren Grundzügen unverändert. Sie haben keine Stromversorgung, keine durchgehenden Datenleitungen und müssen manuell an- und abgekuppelt werden. Die körperlich anstrengenden und risikoreichen Aufgaben können durch die Einführung der Digitalen Automatischen Kupplung verbessert werden. Somit ist es denkbar, dass die Aufenthaltszeit im Berner Raum verhindert und im Gleisbereich generell verringert werden kann. Dies führt indirekt zu einer Attraktivierung der Berufsbilder.
Das Project DACIO (Digital Automatic Coupling in Infrastructure Operations) wird von der FFG im Rahmen des Programmes „Mobilität der Zukunft” (16. Ausschreibung 2020, System Bahn) des österreichischen Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie mit dem Forschungsförderungsvertrag F099886432 gefördert.