DACIO - Digitale Automatische Kupplung im Infrastrukturbetrieb

Das nationale Projekt DACIO vereint acht Forschungsinstitute und Unternehmen aus Österreich. Untersucht werden die Auswirkungen der Einführung einer Digitalen Automatischen Kupplung (DAK) auf die Verschubprozesse. Wir unterstützen und begleiten die Entwicklung der DAK mit österreichischen Schwerpunkten. Im Fokus stehen die Automatisierung des Verschubs bei der Zugbildung und der Zugvorbereitung in den großen österreichischen Zentralverschiebebahnhöfen sowie einer Ein-Mann-Abwicklung des Flächenverschubs und der letzten Meile.

Dacio Projektstruktur
Projektstruktur
zum Vergrößern anklicken!

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Vimeo. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen
DAK Kuppelvorgang (Voith)
Mit freundlicher Genehmigung von ERJU / FP5TRANS4M-R

Hintergrund

Automatische Kupplungen sind weltweit im Einsatz, nur nicht in Europa. In den 60er, 70er und 90er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden mehrfach Anstrengungen unternommen, eine automatische Kupplung einzuführen. Leider erfolglos. Europa ist der letzte Kontinent ohne ein automatisches Kupplungssystem im Schienengüterverkehr. Er könnte aber der erste mit einem Digitalen Automatischen Kupplungssystem (DAK) werden.

Das steigende Verkehrsaufkommen und die Anforderungen des Klimaschutzes zwingen den Schienengüterverkehr effizienter, nachhaltiger und wettbewerbsfähiger zu werden. Die Digitale Automatische Kupplung ebnet den Weg zur Schaffung eines modernen und digitalen europäischen Schienengüterverkehrs.

Der Beschluss zur Einführung der DAK bis zum Jahr 2030 ist eine der zentralen Innovationen für den Weg in die Digitalisierung und Automatisierung des Schienengüterverkehrs in Europa. Dann wird die seit dem 19. Jahrhundert in Europa verbreitete Schraubenkupplung, die insbesondere bei Waggons zur Güterbeförderung verbaut wurde, Geschichte sein. Damals eine Innovation, heute ein Relikt, unter dem der europäische Schienengüterverkehr leidet.

Eine Schraubenkupplung funktioniert rein mechanisch. Alles muss händisch verbunden werden. Ein Bügel wird über den Haken des nächsten Wagens gelegt und durch Drehen eines Schraubgewindes gespannt. Auch die Luftleitung für die pneumatisch betriebenen Bremsen müssen von Hand verbunden werden. Dieser Vorgang ist nicht nur zeitintensiv sondern auch gefährlich. Und es ist schwierig geworden, Personal für diese körperlich anstrengenden Aufgaben zu finden.

Eine Digitale Automatische Kupplung stellt automatisch eine Verbindung zwischen den Güterwagen her. Außerdem verbindet die DAK die Luftleitungen für die Bremsen und kuppelt eine Strom- und eine Datenbusleitung aneinander. Das passiert alles automatisch, ohne einen Menschen zu gefährden. Durch diese Automatisierungsprozesse werden eine ausreichende Energieversorgung für Telematikanwendungen sowie eine sichere Datenkommunikation über die gesamte Länge des Zuges gewährleistet. Damit sind die für die Automatisierung des Zugbetriebes zwingend erforderlichen Enabler-Technologien Zugintegrität und Zuglängenfeststellung ebenfalls abgedeckt.

Die DAK wird so zur Schlüsselkomponente, um die notwendige Steigerung der Effizienz und Transparenz im europäischen Schienengüterverkehr zu erreichen. Durch den Einsatz der DAK wird sich die Infrastrukturkapazität erhöhen, was sich in Folge positiv auf das Erreichen der europäischen Klimaziele auswirken wird.

Partner

DACIO ist ein von der ÖBB Infrastruktur AG koordiniertes Konsortium. Es besteht aus acht Forschungsinstituten und Unternehmen, deren Ziel die Einführung der DAK ist. Dabei werden die Prozesse aus Sicht einer DAK Typ 5 betrachtet, die im Gegensatz zu Typ 4 auch ferngesteuert entkuppelt werden kann. Sie bietet daher auch den größten Mehrwert.

Neben der ÖBB Infrastruktur AG, die das Gesamtprojekt managt und koordiniert, setzt sich DACIO aus zwei universitären Forschungsinstituten der Technischen Universität Graz und der niederösterreichischen Fachhochschule St. Pölten, einer Forschungsgruppe der Fachhochschule Oberösterreich in Wels, einer außeruniversitären Forschungseinrichtung, dem Austrian Institute of Technology (AIT) in Wien und drei unternehmerisch tätigen Gesellschaften, der PJ Monitoring, der m.ZERO und der Ulbrich Maschinenbau zusammen.

Unsere Forschungen sind in sechs Arbeitspaketen (AP) organisiert, die in ständigem Austausch und enger Zusammenarbeit paketübergreifend zusammenwirken.

Das Institut für Maschinenbau- und Betriebsinformatik (MBI) der Technischen Universität Graz ist in zwei Arbeitspaketen involviert. Es befasst sich mit den Prozessschritten im Verschubbetrieb der großen österreichischen Verschubknoten. Zusätzlich wird der Einfluss der DAK auf das Bremssystem der Güterwagen analysiert. Auch wird ein zukünftig mögliches Produktionssystem des Schienengüterverkehrs auf Basis der DAK in Österreich dargestellt. Hinzu kommt die Begleitung und Betrachtung möglicher Migrationsszenarien der DAK durch die dafür verantwortlichen europäischen Projekte.

Das «Carl Ritter von Ghega Institut für integrierte Mobilitätsforschung» der Fachhochschule St. Pölten legt seinen Fokus auf den Fahrverschub und dessen Prozesse, der durch die Einführung der DAK wesentlich beeinflusst werden wird. Eine zusätzliche Betrachtung gilt den betrieblichen Abläufen im Flächenverschub und den Auswirkungen der DAK auf das Personal.

Die Forschungsgruppe Bahnautomatisierung und Verkehrstelematik der Fachhochschule Oberösterreich (FH OOE) in Wels ist ebenfalls in zwei Arbeitsgruppen engagiert. Sie bietet entscheidende Unterstützung bei der Test-Durchführung der DAK und entwickelt infrastrukturseitige Automatisierungslösungen zum Erreichen eines vollautomatischen Verschiebebahnhofs.

Das Austrian Institute of Technology (AIT) setzt gemeinsam mit der FH St. Pölten Simulationen von vorab definierten Verschub-Zielprozessen in ausgewählten Bahnhöfen mit Hilfe spezieller Software in Modelle um, die dann mit den Simulationen der TU Graz verbunden werden.

Die PJ Monitoring GmbH untersucht in einer Anforderungsanalyse die automatische Entkupplung und erstellt eine Expertise im Bereich automatische Bremsprobe in Verbindung mit der automatischen Kupplung.

Die m.ZERO OG befasst sich mit jenen technischen Upgrades, die neben der DAK auf der Fahrzeugebene für automatisiertes Rangieren in Verschubbahnhöfen erforderlich sind. Außerdem unterstützt sie das Gesamtprojektmanagement unter anderem im Website Editing.

Die ULBRICH Maschinenbau- und Export-Import Betriebsg.m.b.H. bringt in das Projekt ihre Expertise in Prüf- und Versuchseinrichtungen für Bahnkomponenten ein und unterstützt die Entwicklungen der FH Oberösterreich in Bezug auf Robotik-Lösungen.

Ziele

Um die Ziele zu erreichen, die sich das Projekt DACIO gesetzt hat, finden bereits umfassende Analysen, Tests und Erhebungen statt.

So werden die Auswirkungen der DAK auf die Prozesse im Verschiebebahnhof und bei der Flächenbedienung bzw. des Fahrverschubs aus der Sicht des Infrastrukturbetreibers und Verschub-Dienstleisters untersucht.

Wir stellen unser Know-how zur Verfügung, um das DAK Testprogramm des EDDP wissenschaftlich zu begleiten. Das Programm erprobt und analysiert Verschubprozesse im Bahnhof und in der Fläche.

Auf der Suche nach Lösungsansätzen für zusätzliche Automatisierungsschritte im Verschubbahnhof, entwickeln wir Funktionsmuster und Labordemonstratoren zu den Themen Entkuppeln am Rollberg, Bremshandling (Entlüften und Wiederbefüllen der Bremsen), Durchführung der Bremsprobe und Wagen- und Gleisabschlusssicherung.

Zusätzliche Automatisierungsschritte sind auch im Bereich der Wagen notwendig. Wir kümmern uns um die Einführung neuartiger Bremssysteme für den Schienengüterverkehr und forschen im Bereich wagenintegrierte Annäherungssensorik.

Zu guter Letzt untersuchen wir die möglichen Auswirkungen der DAK-Einführung auf die Struktur und den Umfang der Verschubinfrastruktur. Unser Ziel ist es, die Effizienz und vor allem die Effektivität im Schienengüterverkehr durch Redimensionierung nachhaltig zu steigern.

So liefert das Projekt DACIO einen wichtigen Beitrag zum EDDP und wird auf dessen Grundlagen auch konkrete Vorschläge für die Pilotierung weitergehender Automatisierungslösungen bereitstellen, etwa im Rahmen von ERJU.

Begründung für die Forschungsarbeit

Der Sprung von einer Schraubenkupplung zu einer DAK bedeutet einen weitreichenden Paradigmenwechsel in vielen Teilen des Eisenbahnbetriebes und wird anfangs noch mehr technischen, betrieblichen und finanziellen Aufwand verursachen. Doch man hat sich in Europa auf eine komplexe Entwicklungs- und Migrationsstrategie verständigt, die am Ende die Automatisierung der Bahnprozesse in höchstem Maße mit der DAK und den dadurch ermöglichten Systemen unterstützt. Eine Reihe kritischer, vorbereitender Entwicklungen muss daher parallel mit der Entwicklung der Kerntechnologie stattfinden – auch das eine wesentliche Mission von DACIO.

Ein ferngesteuertes automatisches Entkuppeln mit gleichzeitiger Trennung der Bremsleitungen ist ein kritisches Sicherheitsthema und potentiell anfällig für Cyber-Manipulationen. Zum ersten Mal werden im großen Stil Güterwagen mit elektrischer Energie versorgt und an Datenverbindungen zur Lokomotive angebunden. Das bedeutet, der Datenverbund wird bis in die Bahnbetriebs-Automatisierung und die Planungsebene reichen. Das führt zu neuen Rollenverteilungen. Beispielsweise wird sich die Frage stellen, wer denn nun berechtigt sein wird, eine Entkupplung vorzunehmen und auf welchem Wege?

Die bisherigen Produktionsmodelle und Simulationen müssen auf die neuen Abläufe angepasst oder ganz neu gedacht und generiert werden. Erst dann können die Auswirkungen auf das System und die darin operierenden Menschen analysiert werden und aus den digital verbundenen Waggons ein intelligenter Güterzug entstehen.

Bildnachweis Slider:

  1.  Voith DAK 4 Gekuppelt / Mit freundlicher Genehmigung ERJU / FP5TRANS4M-R
  2. Präsentation Demo-Zug DAC4EU / ÖBB-Infrastruktur AG
  3. Voith DAK Typ 2 (DB Polska) / Mit freundlicher Genehmigung ERJU / FP5TRANS4M-R
  4. Blick vom Abrollberg am Zentralverschiebebahnhof Wien-Kledering / M. Reichmann, Institut für Maschinenbau- und Betriebsinformatik (MBI) der TU Graz
  5. Ausschnitt aus Testfahrten mit VIS/FLIR Sensor / m.ZERO OG
  6. Designkonzept HMI einer Yard Automation and Management System (YAMS) App / Institut für Maschinenbau- und Betriebsinformatik (MBI) der TU Graz
  7. PJM Smart-Train / PJM Smart-Train
  8. UIC 530 Einbauraum / Mit freundlicher Genehmigung ERJU / FP5TRANS4M-R
  9. Gehäuse für Testsensor (VIS/FLIR) / m.ZERO OG
  10. Automatische Bremsproben Anlage – Bauvariante im Gleis / FH OÖ – Forschungsgruppe Bahnautomatisierung und Verkehrstelematik
  11. DAK Kuppelvorgang (Voith) / Mit freundlicher Genehmigung ERJU / FP5TRANS4M-R
  12. Ausschnitt aus Testfahrten mit VIS/FLIR Sensor / m.ZERO OG
  13. DAK Hybrid Kupplung wie bei der SBB im Einsatz / m.ZERO OG
  14. Auszug aus der Präsentation von Matthias Reichmann bei der SFT in Graz / Matthias Reichmann
  15. Präsentation Demo-Zug DAC4EU / ÖBB-Infrastruktur AG
  16. Screenshot AIT Simulation Suite Open Track / Austrian Institute of Technology (AIT)
  17. Automatische Bremsproben Anlage – Bauvariante neben dem Gleis / FH OÖ – Forschungsgruppe Bahnautomatisierung und Verkehrstelematik
  18. m.ZERO OG
  19. Gehäuse für Testsensor (VIS/FLIR) / m.ZERO OG
  20. Voith DAK 4 Neues Design / Mit freundlicher Genehmigung ERJU / FP5TRANS4M-R